Interview zur Theaterarbeit an der Gesamtschule Immenhausen

Von | 25. August 2013

Musical Tänzchen der Vampire 635Wir sprachen aus Anlass der „Rebecca-Premiere“ mit Lehrer Marcus Leitschuh, zusammen mit Miriam El Asmi und Antje Schenk einer der drei Theateraktiven der Gesamtschule.

? Theaterarbeit hat in Immenhausen eine lange und große Bedeutung. Was ist das Besondere?

Marcus Leitschuh: In den 80er Jahren, als in Berlin das „Grips-Theater“ große Erfolge hatte, wirkte hier Werner Zülch, der in Kassel auch das „Aktionstheater“ gründete. Er war hier für Kunst und Theater eingestellt. Das war eine Zeit großer Kreativität. Auch Michael Wilke hatte Erfolge mit fantasievollen Inszenierungen. Gespielt wurde damals in der alten Aula, dem heutigen Lehrerzimmer oder in der Bibliothek, wo eine kleine Bühne gebaut wurde. Später wurde aus dieser Bühne die „Leseempore“ der Grundschule. In den letzten Jahren hat die Zahl der Gruppen und Kollegen zugenommen, die Theater, Darstellendes Spiel bzw. Musical unterrichten und anbieten. Frau Schenk ist ausgebildete Lehrerin für das Schulfach „Darstellendes Spiel“. Das ist eine große Bereicherung und trägt zu unserer Professionalität bei. Besonders auch, weil dieses Fach auch in der Oberstufe unterrichtet wird und wir unsere Schülerinnen und Schüler gut im Wahlpflichtunterricht darauf vorbereiten können. Frau El Asmi führt mit viel Engagement und enormer Kreativität traditionell die Stücke der „Kleinen“ auf. Mit den Klasse 5-7 hat sie in den letzten Jahren tolle Kinderstücke umgesetzt. Mein Schwerpunkt ist das Musical und die Bearbeitung bekannter Stoffe, zwischen Lustspielen mit „Pension Schöller“, Musicals wie „Linie1“ und ernsten Stoffen wie „Die Welle“.

? Was gibt es konkret für Angebote im Schuljahr?

Marcus Leitschuh: Es gibt heute drei bis vier Wahlpflichtkurse und zwei Arbeitsgemeinschaften am Nachmittag. Die können natürlich nicht immer alle jedes Jahr eine abendfüllende Aufführung anbieten und gerade im Wahlpflichtbereich geht es auch immer um Theatertheorie, Bühnentechnik, Bühnenformen, Körperarbeit und nicht nur um das, was auf der Bühne zu sehen ist. Und wichtig ist, dass wir immer Eigenes machen. Es wird nicht 1:1 gespielt, die Schülerinnen und Schüler erarbeiten Stücke mit, verändern sie, es wird Neues daraus.

? Sie haben die verschiedenen Räume schon erwähnt, die als Aula genutzt wurden. Wie sieht es heute aus?

Musical Haarspray Premiere 169Marcus Leitschuh: Seit rund 12 Jahren bespielen wir die heutige Aula über den Werkräumen. Zur Grundausstattung gehörten 12 Scheinwerfer und ein grüner Vorhang. Die Bühne war nur zwei Treppenstufen hoch und hatte eine schräge Kannte. Nach und nach wurde Neues dazu gebaut. Bei der Sanierung wurden die Wände schwarz gestrichen. Es kam eine Verdunklung herein und automatisch zu öffnende Fenster. Früher mussten wir mit Holzplatten die Fenster verdunkeln, dann war aber Lüften nicht mehr möglich. Viele erinnern sich noch an unser Stück „Eins auf die Fresse“, das wir in der Aula gespielt haben, die Zuschauer saßen auf Podesten und auf der Bühne. Damals lief uns allen der Schweiß und in der Tür standen Ventilatoren, die für Frischlust sorgen mussten.

? Der Förderverein hat viel investiert. Warum?

Marcus Leitschuh: Mit Unterstützung des Fördervereins wurden in den letzten 10 Jahren sicherlich 30.000 Euro in die Aula investiert. Das wurde getan, weil die Theaterarbeit ein Aushängeschild der Schule ist, bei vielen Veranstaltungen außerhalb des Theaterbereichs die „gute Stube“ der Schule und nicht zuletzt weil in unseren Theaterangeboten auch sehr viele Schüler aktiv sind. Es profitieren alle Schülerinnen und Schüler als Zuschauer und die Aktiven nutzen die Einrichtung. Dabei profitieren wir auch besonders von der Firma „Real Audio“ aus Immenhausen. Unser digitales Lichtmischpult und der Hochleistungsbeamer haben alleine einen Neuwert von über 10.000 Euro und konnten gebraucht erworben werden. Mitarbeiter der Licht- und Tontechnikfirma helfen immer wieder. Ohne diese Zusammenarbeit, würde es gar nicht gehen.

Musical Tänzchen der Vampire 511? Was hat sich in den letzten Monaten konkret verändert?

Marcus Leitschuh: Die Bühne wurde vergrößert und ist jetzt nicht mehr schräg, was die Sichtmöglichkeiten verbessert. Alle Traversen wurden erneuert und auf den heutigen Sicherheitsstandart gebracht. Es gibt drei neue Vorhangschienen, die auch das Teilen der Bühne ermöglichen. Ein Seitenaufgang wurde geschaffen, der auch „Backstage“ mehr Möglichkeiten lässt. Wir haben viele Bereich schon auf energiesparender LED-Scheinwerfer und Effekte umgestellt. Das spart Strom und hat mehr Möglichkeiten. Die Farbe der Bühne lässt sich auf Knopfdruck ändern. Dafür helfen uns sogenannten LED-Panel. Auch bewegte Scheinwerfer sind vorhanden. Alle Lichtstimmungen oder der Einsatz von Laser, Beamer, Nebel und der automatischen Leinwand lassen sich digital speichern. Bei Rebecca kommen so rund 70 Lichtstimmungen zusammen und es werden 40 Scheinwerfer gesteuert… Ich komme ins Schwärmen…  Ich muss ja auch gestehen, die Arbeit mit Bühnentechnik, das ist auch meine Leidenschaft. Keine Aufführung ohne Nebel, hat mal eine Kollegin gesagt. Unsere Bühnen- und Lichttechnik ist bestens ausgestattet. Ich muss immer Schmunzeln, wenn ich zu den Domfestspielen in Bad Gandersheim fahre. Die Zahl der Scheinwerfer und Effekte ist bei uns etwa doppelt so hoch wie in diesem Profitheater mit rund 1000 Plätzen. Zumindest meine Überzeugung ist, dass wir den Kindern eine Ausstattungsmöglichkeit bieten wollen, die ihre Fantasie beflügelt und es kaum Grenzen bei den Inszenierungen gibt. Außerdem stärkt das Arbeiten mit und an der Bühnentechnik, das rasche Umbauen auf der Bühne, das Erstellen der Bühne auch den Teamgeist. Das ist dann auch ein Bildungsziel, für das uns Technik hilft. Das kostet natürlich Geld und Engagement. Beim Musical „Rebecca“ sitzen vier Personen hinten und steigern Licht, Ton, Videos und den Spot in der Regie. Das sind wohlgemerkt keine Schüler, es sind Lehrer, bezahlte Veranstaltungstechniker, unsere FSJ-Kraft und auch ehemalige Schülerinnen und Schüler wie Romina Bachmann, die seit Jahren immer wieder hilft. Das ist das schönste Kompliment, wenn immer wieder Ehemalige Helfen. Jahrelange kamen zwei Ehemalige und drehten Videoaufzeichnungen, machten das Catering. Das war wunderbar und zeigt die Verbindung zu unserer Schule.

? Was erwartet uns im Schuljahr 2013/2014?

Theaterstück Gespenst von Cantervillel 034Marcus Leitschuh: Erstmals wird es so etwas wie ein „Weihnachtsmärchen“ geben. Ein Wahlpflichtkurs führt „Charles Dickens Weihnachtsgeschichte“ auf. Das wird auch gleichzeitig meine erste eigene Textbearbeitung sein. Dann kommt der „Besuch der alten Dame“ als Projekt der älteren Wahlpflichtschüler. Das wird kein Musical werden, aber sehr modern inszeniert und auch mit Musik, vielleicht auch Liedern. Außerdem gibt es etwas zum Thema Mobbing und auch der Bereich Musical und Kinderstück bereiten sich vor. Irgendwie sind wir so etwas wie ein kleines Theater.

? Warum ist Theater in der Schule wichtig?

Marcus Leitschuh: In den Vereinigten Staaten gehört eine eigene Bühne und das regelmäßige Aufführen bekannter Stücke und Musicals einfach dazu. Da reicht ein kleiner Blick in „youtube“. Ganze Broadwaymusicals werden mit Orchester dort aufgeführt. Das liegt aber auch daran, dass dort die Schultheater so etwas wie die Kulturträger sind, denn Stadt- oder Staatstheater gibt es in den USA nur selten. Wenn man so will, dann ist die Gesamtschule so etwas wie das Theater von Immenhausen. Wir sind also kulturell wichtig, aber viel wichtiger ist, dass wir den Schülerinnen und Schüler Kultur zeigen und vermitteln. Sie sind aktiv dabei und nicht nur Konsumenten. Wer in einer Theatergruppe ist, ist selbstbewusster, lernt frei sprechen und hat weniger Angst bei Referaten. Außerdem fördert es auch Talente und zeigt, dass man nicht alles in Noten darstellen kann. Es freut mich, dass z.B. eine Schülerin unsere Schule Profischauspielerin geworden ist und z.B. schon eine Hauptrolle am Staatstheater Kassel, aber auch in anderen Ländern hatte. Beim Jugendclub des Staatstheaters sind Schülerinnen und Schüler von uns aktiv, auch bei Orchesterprojekten. Und meine schönste Erfahrung als Klassenlehrer im Hauptschulzweig ist, dass zwei Schülerinnen aus diesem Hauptschulzweig in den letzten Jahren Hauptrollen hatten, wie z.B. jetzt auch Meike Burhenn in „Rebecca“. Das sind dann die emotionalen Erlebnisse und der Gewinn für die Lehrkräfte. Man lernt Schülerinnen und Schüler noch einmal neu und anders kennen.

Musical Haarspray Premiere 102Hinweis: Premiere von „Rebecca“ ist am 28.8.2013 um 19.30 Uhr. Aufführungen sind am 30. und 31. August um 19.30 Uhr und am Sonntag, 1. September um 15.00 und 19.00 Uhr. Der Eintritt ist frei.