Brief des Kultusministers an die Eltern und Erziehungsberechtigten zur Organisation des neuen Schuljahres

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Eltern und Erziehungsberechtigte, heute möchte ich Sie darüber informieren, wie wir uns als Schulverwaltung die Organisation des neuen Schuljahres 2020/2021 vorstellen. Erlauben Sie mir zu Beginn aber einige persönliche Bemerkungen:

Mir ist bewusst, dass Ihnen und Ihren Familien in den vergangenen Monaten einiges abverlangt wurde. Die Notwendigkeit, das Infektionsgeschehen rund um das Corona-Virus einzudämmen, hat Konsequenzen in sämtlichen Bereichen unseres Lebens nach sich gezogen, die wir uns vor einem halben Jahr alle nicht hätten vorstellen können. Für das, was Sie gemeinsam mit Schulleitungen und Lehrkräften sowie vor allem mit Ihren Kindern und für diese geleistet haben, möchte ich Ihnen meinen Respekt zollen und herzlich Danke sagen.

Jeder Tag, an dem unsere Schülerinnen und Schüler in die Schule gehen können, ist ein guter Tag. Das war und ist ein Leitmotiv bei all unseren Entscheidungen. Jeder Tag in der gewohnten Umgebung bringt den Kindern und Jugendlichen ein Stück Normalität zurück. Die bisher gesammelten Erfahrungen mit dem Schulalltag in Corona-Zeiten helfen uns für das neue Schuljahr, in dem wir einen weiteren großen Schritt hin zu dem bis Mitte März gewohnten Schulleben gehen wollen. Diesen Schritt wollen wir vor allem tun, weil der eingeschränkte Schulbetrieb eine außerordentliche Belastung nicht zuletzt für Sie als Familien und eine große Herausforderung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist.

Denn im Mittelpunkt von Schule und Unterricht stehen neben der Wissensvermittlung vor allem der Austausch mit Gleichaltrigen und das soziale Miteinander. Der persönliche Kontakt der Lehrkraft zu den Schülerinnen und Schülern beeinflusst die Lernmotivation und den Lernerfolg nachhaltig und ist auf Dauer durch nichts zu ersetzen. Daher war die Rückkehr zu einem schulischen Regelbetrieb immer unser oberstes Ziel. Mittlerweile hat sich auch das Infektionsgeschehen insgesamt verlangsamt, weshalb wir – gestützt auf medizinische Empfehlungen und wissenschaftliche Erkenntnisse – das nächste Schuljahr im Regelbetrieb beginnen wollen. Aufgrund der andauernden Corona-Pandemie ist zu erwarten, dass es auch dann weitere Einschränkungen im Schulalltag geben kann. Bedauerlicherweise gibt es für keinen unserer Schritte eine Garantie, die das grundsätzliche Risiko für alle Beteiligten mit völliger Gewissheit ausschließt. Wir sollten aber – vor dem Hintergrund unserer bisherigen Erfahrungen und unter Einhaltung aller notwendigen Regeln – mit Zuversicht das vor uns Stehende angehen und uns, so weit es geht, der Normalität zuwenden.

In den zurückliegenden Wochen hat eine Konzeptgruppe getagt, an der neben Schulleiterinnen und Schulleitern auch Eltern- und Schülervertretern beteiligt waren. Deren Mitglieder haben intensiv über alle relevanten Aspekte und Entscheidungen beraten, die Sie zur Planung des kommenden Schuljahres benötigen. Nachfolgend möchte ich Ihnen nun die zentralen Eckpunkte zur Organisation des Schuljahres 2020/2021 vorstellen.

Bewertung des Infektionsgeschehens

Die Strategie der Hessischen Landesregierung, besonnen mit allen Öffnungsschritten umzugehen, hat Erfolg gezeigt. Durch das umsichtige Verhalten von uns allen ist es gelungen, die Zahl der Corona-Neuinfektionen stark zu verringern und die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems stabil zu halten. Somit war es möglich, den Schulbetrieb und den Präsenzunterricht seit dem 27. April schrittweise wiederaufzunehmen. In Kindertagesstätten und Grundschulen ist seit dem 22. Juni das Abstandsgebot von 1,5 Metern bereits aufgehoben. Aufgrund der dortigen Erfahrungen möchten wir dies nach den Sommerferien auch in den anderen Schulformen umsetzen. Ihre Entscheidungen stützt die Hessische Landesregierung dabei stets auf medizinische Empfehlungen und wissenschaftliche Erkenntnisse.

Zielsetzung für das Schuljahr 2020/2021: Regelbetrieb an allen Schulen

Unser Ziel ist es, im kommenden Schuljahr 2020/2021 den Regelbetrieb an allen Schulen wiederaufzunehmen – sofern das Infektionsgeschehen dies zulässt. Der Präsenzunterricht wird an fünf Tagen in der Woche für alle Schülerinnen und Schüler stattfinden. Die Aufhebung des Abstandsgebotes ermöglicht grundsätzlich wieder den Unterricht in allen Klassen- und Fachräumen, d.h. die Schulen können wieder zu einem geregelten Klassen- und Kurssystem ohne Begrenzung der Gruppengröße zurückkehren.

Ein Regelbetrieb unter Pandemiebedingungen bedeutet auch, dass viele Hygienemaßnahmen weiterhin notwendig sein werden. Grundlegende Hygieneregeln, wie das gründliche Handwaschen sowie regelmäßiges Lüften der Räume, sind daher weiterhin einzuhalten.

Taktgeber aller Entscheidungen bleibt das Infektionsgeschehen. Sollten erneut Einschränkungen des Regelbetriebs nötig sein, können ggf. das Abstandsgebot wiedereingeführt, konstante Lerngruppen gebildet, das Verhältnis von Präsenz- und Distanzunterricht geändert werden oder gar eine örtliche oder landesweite Aussetzung des regulären Schulbetriebs erforderlich sein. Das Pandemiegeschehen lässt sich nicht planen. Bildungsverwaltung und Schulen sind aber auf diese Möglichkeiten vorbereitet.

Befreiung vom Präsenzunterricht

Nach wie vor wird es sowohl Lehrkräfte als auch Schülerinnen und Schüler geben, die beispielsweise aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe nicht am Präsenzunterricht werden teilnehmen können. Eine Aufhebung der Präsenzpflicht ist nur in Ausnahmefällen auf der Grundlage eines ärztlichen Attestes möglich. Das ärztliche Attest muss die Bestätigung enthalten, dass im Falle einer Infektion mit dem Coronavirus SARS CoV-2 aufgrund der besonderen Disposition die Gefahr eines schweren Krankheitsverlaufs besteht. Diese Regelung gilt für Lehrkräfte, sozialpädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Schülerinnen und Schüler, bei denen die Gefahr eines schweren Krankheitsverlaufs besteht oder die mit Personen mit einer solchen Gefährdung in einem Hausstand leben.

Für Schülerinnen und Schüler, die aus o.g. Gründen nicht am Unterricht in der Schule teilnehmen können, erfolgt bei Bedarf eine Ausstattung mit digitalen Endgeräten, die es ihnen ermöglicht, durch entsprechende Zuschaltung von zuhause aus am Unterricht teilzunehmen.

Kommunikation zwischen Lehrkräften und Schülerinnen und Schülerinnen bzw. Eltern beim Lernen zuhause

Insbesondere bei der Fortführung des Lernens zuhause ist es von besonderer Bedeutung, dass transparente und regelmäßige Kontakte sowie Rückmeldeprozesse von Lehrkräften mit den Schülerinnen und Schülern und bei Bedarf mit den Eltern sichergestellt werden. So wird es künftig beispielsweise Festlegungen zu wöchentlichen Sprechzeiten, zum Empfang und zur Beantwortung von Nachrichten sowie Richtlinien dafür geben, in welchem Zeitraum Rückmeldungen gegeben und Fragen beantwortet werden müssen.

Leistungsbewertung

Die im häuslichen Lernen erbrachten Leistungen werden bewertet. Dies ist immer dann möglich, wenn die mündlichen, schriftlichen, praktischen und sonstigen Leistungen der Schülerin oder des Schülers, die Eingang in eine Bewertung finden sollen, im Zusammenhang mit dem Präsenzunterricht erbracht worden sind.

Für Schülerinnen und Schüler, die aufgrund eines Attests ausschließlich im Distanzunterricht beschult werden, stellen die Lehrerinnen und Lehrer sicher, dass eine direkte Anbindung an den Präsenzunterricht in dem Rahmen hergestellt wird, wie es die technischen Bedingungen vor Ort zulassen. Sofern eine Zuschaltung per Video möglich ist, ist diese Variante zu bevorzugen. Die Nutzung aller gegenwärtig erhältlichen Videokonferenzsysteme ist übergangsweise an Schulen freigegeben. Anderenfalls ist auf eine telefonische Teilnahme am Präsenzunterricht zurückzugreifen. Auf dieser Grundlage ist eine Leistungsbewertung für die betreffenden Schülerinnen und Schüler zulässig.

Hierfür sind auch besondere Formen der Leistungsfeststellung vorzusehen, etwa in der Vereinbarung einer Präsenzzeit in der Schule ohne Lerngruppe, nur mit der Lehrkraft. In diesem Rahmen könnte auch eine Klassenarbeit geschrieben werden.

Ferienangebote

Über die Ferienangebote in den bevorstehenden Sommerferien sind Sie bereits in gesondertem Schreiben informiert worden. Bei Interesse an der Ferienakademie können Sie sich und Ihre Kinder noch bis 5. Juli unter folgendem Link registrieren:

https://kultusministerium.hessen.de/angebote-in-den-ferien/ferienakademie2020

Rückfragen

Wenn Sie Rückfragen zu den Eckpunkten für den Schulbetrieb nach den Sommerferien haben sollten, wenden Sie sich bitte an Ihre Schulleitung vor Ort.

Liebe Eltern und Erziehungsberechtigte,

bei allen Entscheidungen hat das Wohlergehen Ihrer Kinder oberste Priorität. Diese Verantwortung vor Augen bin ich guten Mutes, dass wir auch weiterhin gemeinsam die vor uns liegenden Herausforderungen meistern und unseren Schülerinnen und Schülern das zurückgeben können, was bereits vor Corona unsere tägliche Motivation war: eine individuelle Förderung, die jeder Schülerin und jedem Schüler die Möglichkeit gibt, eine erfolgreiche Schullaufbahn zu absolvieren.

Ich danke Ihnen für all Ihr Verständnis, das Sie in den vergangenen Monaten aufgebracht haben, und verbinde dies mit den besten Wünschen für hoffentlich erholsamere Tage in den Sommerferien.

Bleiben Sie gesund!

Ihr Prof. Dr. R. Alexander Lorz

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